Bedingt durch Grenzschließungen oder aus purer Abenteuerlust: Viele Beschäftigte arbeiten derzeit aus dem Homeoffice im Ausland für ihr deutsches Unternehmen.

Homeoffice im Ausland: Die einen nutzen die Chance, bis auf weiteres aus dem Ausland zu arbeiten, andere bleiben als Grenzpendler am ausländischen Wohnort. Aber wie sind die Umstände und verschiedenen Konstellationen rechtlich einzuordnen ? Wir geben einen Überblick!

Kern aller rechtlichen Fragestellungen, den es bei den verschiedenen Konstellationen von Homeoffice im Ausland während der Pandemie zu klären gibt, bilden vier regelmäßig wiederkehrende Fallkonstellationen:

  1. Grenzgänger und Personen, die gewöhnlich in mehreren Staaten erwerbstätig sind, und die nun weniger mobil ausschließlich im Homeoffice tätig werden.
  2. Arbeitnehmer, die aufgrund der Pandemie die Chance sehen, vorübergehend im Ausland im Homeoffice (z.B. bei ihrer Familie oder in der Ferienwohnung) zu arbeiten.
  3. Arbeitnehmer aus dem Ausland, die ihre Entsendung oder den Stellenantritt nicht wahrnehmen können oder wollen.
  4. Arbeitnehmer, die ihren Lebensmittelpunkt und den Arbeitsort ausschließlich und nicht lediglich vorübergehend ins Ausland verlegen.

Homeoffice im Ausland: Sozialversicherungsschutz bleibt grundsätzlich bestehen!

Für die ersten beiden oben genannten Fallgruppen gilt folgendes:

Die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (DVKA) hat eine spezielle Grundsatzentscheidung zur Klärung der sozialversicherungsrechtlichen Rechtslage getroffen.  Das entsprechende Rundschreiben Nr. 167/2020 vom 17. März 2020 besagt, dass im Zusammenhang mit der Pandemie für Arbeitnehmer innerhalb der EU, des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) und der Schweiz, die bisher als Grenzgänger eingestuft worden waren und die nun vorübergehend für bis zu 24 Monate im Homeoffice im Heimatland tätig werden, keine Änderungen in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht vorgenommen werden. Der Versicherungsschutz bleibt damit also für diese Fallgruppen wie gehabt bestehen – das jeweilige Sozialversicherungsrecht des Beschäftigungsstaates bleibt weiterhin anwendbar.

Die Rechtsgültigkeit der A1-Entsende-Bescheinigung

Eine A1-Bescheinigung ist in der Regel nicht erforderlich, es sei denn der Wohnmitgliedsstaat fordert einen Nachweis über die Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften. Aktuell ist diese Sonderregelung aus dem Rundschreiben noch bis zum 30. Juni 2021 befristet. Auch für Mitarbeiter, die bisher im Zusammenhang mit ihrer auf mehrere Mitgliedstaaten angelegten Arbeitstätigkeiten nun weniger oder gar nicht mehr mobil im heimatlichen Arbeitszimmer tätig werden gilt die bisherige A1-Bescheinigung weiter und verliert nicht an Rechtsgültigkeit. 

Aber Achtung: Das Rundschreiben bezieht sich ausschließlich auf bereits laufende und sozialversicherungsrechtlich eingeordnete (Bestands-)Fälle – also auf Personen, die bereits Bezug zum Ausland hatten.

Nicht anwendbar ist dieses Rundschreiben dagegen auf „normale“ deutsche Arbeitnehmer, die beispielsweise im Rahmen eines Urlaubs oder Familienbesuchs im Ausland geblieben sind und von dort ihrer Arbeitstätigkeit im „Homeoffice“ nachgehen wollen. Hier muss der Sachverhalt individuell sozialversicherungsrecht beurteilt und eingestuft werden. Gerne stehen wir Ihnen in diesen individuellen Fällen beratend zur Seite.

Die Lage zählt: Homeoffice innerhalb oder außerhalb der EU

In steuerrechtlicher Hinsicht sehen besondere Konsultationsvereinbarungen für Grenzgänger Erleichterungen vor. Ähnlich wie bei der Wohnungssuche kommt es vor allem auf die Lage an. Bekannt und gültig sind die Regelungen innerhalb der EU, dem EWR und der Schweiz. Steuerrechtliche Konsultationsvereinbarungen – und deren Sonderregelungen für Grenzgänger – sind jedoch nicht mit allen Nachbarländern Deutschlands (so zum Beispiel Tschechien und Dänemark) geschlossen worden. Es kommt trotz dessen immer wieder vor, dass sich das „Arbeitszimmer im Ausland“ auch außerhalb dieses Geltungsbereichs und auch außerhalb der EU-Freizügigkeit befindet.

Je nach Staatsangehörigkeit der Mitarbeiter können sich hier weitere Anforderungen ergeben, zum Beispiel bezogen auf das Aufenthaltsrecht. Auch wenn der private Zweck des Aufenthalts gegebenenfalls im Vordergrund steht, muss immer berücksichtigt werden, dass die Mitarbeiter Arbeitsleistungen im Ausland erbringen, wenn auch nur digital. Arbeitsleistungen, die im Ausland erbracht werden sind immer auch aufenthaltsrechtlich zu bewerten: Hier können Unternehmen mittelbar vor besonderen Herausforderungen stehen – schlimmstenfalls könnten Mitarbeiter im Homeoffice illegal im Ausland tätig sein. Eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis kann in der Regel nur einigermaßen problemlos erlangt werden, wenn es eine Tochtergesellschaft vor Ort gibt und auf eine konzerninterne Entsendung zurückgegriffen wird – faktisch bietet sich diese Möglichkeit aber nur wenigen Unternehmen.

Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag – sinnvoll oder überflüssig?

Um Mitarbeitern Homeoffice zu ermöglichen, stellen sich viele Unternehmen die Frage, ob wegen der vorübergehenden Verlegung des Arbeitsortes ins ausländische Arbeitszimmer eine Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag geschlossen werden sollte.

Entscheidend ist unserer Ansicht nach, wie lange dieser Umstand andauert. Sollte deutlich werden, dass die betreffenden Mitarbeiter länger als einen Monat im Ausland für das Unternehmen tätig werden, halten wir zur Festlegung von Rahmenbedingungen eine Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag für empfehlenswert. Zu regelnde Inhalte sind grundsätzlich vom einzelnen Fall abhängig, insbesondere sozialversicherungs- und steuerrechtliche Hintergründe sollten aber unbedingt erfasst werden. Unser fachlich spezialisiertes Arbeitsrechtsteam berät Sie gerne bei der Erstellung einer solchen individuellen, auf die Bedürfnisse Ihres Unternehmens zugeschnittenen Zusatzvereinbarung.

Um Steuerkonflikte zu vermeiden muss ein weiterer Umstand beachtet werden: Das Betriebsstättenrisiko zusammenhängend mit einer möglichen festen Geschäftseinrichtung im Ausland. Grundsätzlich kann man wohl bei dem lediglich vorübergehenden Arbeitszimmer im Ausland – bis zu sechs Monate – nicht von einer Festigung sprechen. Zudem machte die OECD die Einstufung der Coronapandemie als höhere Gewalt deutlich. Unternehmen verlieren hier in weiten Teilen insbesondere die Verfügungsmacht über die Einrichtung.

Homeoffice im Ausland: arbeitsrechtliche Besonderheiten

Verlegen Arbeitnehmer ihr Homeoffice vorübergehend ins Ausland, so Verantwortliche der Personalabteilungen weiter klären, welches Arbeitsrecht zur Anwendung kommen soll. In erster Linie findet das Arbeitsrecht des Staates Anwendung, in dem der„gewöhnliche Arbeitsort“ liegt. Soll die Tätigkeit im Homeoffice aus dem Ausland tatsächlich nur vorübergehend stattfinden ist das regelmäßig weniger problematisch. Die zeitlichen Aspekte sind deshalb nicht nur im Zusammenhang mit der 183-Tage-Regelung im Steuerrecht relevant.

Hier müssen Firmen aufpassen: Dauerhaftes Homeoffice im Ausland

Eine weitere und meist komplexere Fallgruppe betrifft Personen, die aus anderen persönlichen Motiven ins Ausland auswandern und von dort aus im Homeoffice für das deutsche Unternehmen tätig werden. Das Tätigwerden im Homeoffice im Ausland hat hier keinen vorübergehenden Charakter mehr und bringt gezwungenermaßen rechtliche Änderungen mit sich. Werden Mitarbeiter ausschließlich im Ausland tätig, liegen der gewöhnliche Arbeitsort sowie der Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses ganz klar ebenfalls im Ausland. Eine Rechtswahl und Zusatzvereinbarung nach deutschem Arbeitsrecht sind hier meist nicht mehr ausreichend.

Um den Aufwand gering zu halten, greifen manche Firmen sogenannte unabhängige Auftragnehmer-Vereinbarungen zurück. Hier gelten die betreffenden Mitarbeiter als Freelancer und sind nicht mehr Angestellte. Großer Nachteil: Unternehmen verlieren dadurch sämtliche Weisungsrechte gegenüber dem jeweiligen Mitarbeiter. Außerdem müsste die Tätigkeit der Mitarbeiter immer unter den möglichen Bestimmungen des Beschäftigungsstaates zur Scheinselbstständigkeit betrachtet werden. Generell wäre es zudem notwendig zu betrachten, welche Verpflichtungen auf den Arbeitgeber mit dieser Konstellation zukommen.

Kein Recht auf Homeoffice im Ausland – Art und Umfang rechtzeitig konkretisieren und befristen

Ein allgemeines Recht zum Tätigwerden außerhalb des Betriebssitzes besteht, wie mittlerweile wohl den meisten bekannt, nicht. Wenn Arbeitgeber dem Wunsch des Mitarbeiters zustimmen wollen, sollten Art und Umfang des Tätigwerdens im Homeoffice festgehalten und bestenfalls zeitlich befristet werden. Auch das treffen einer Rechtswahl ist empfehlenswert, sie gilt jedoch in internationalen Sachverhalten bestenfalls sehr eingeschränkt. Vor allem sollten die zeitlichen Rahmenbedingungen definiert werden. Die Anwendbarkeit des deutschen Arbeitsrechts ist weniger kritisch, wenn Mitarbeiter lediglich vorübergehend im Ausland tätig werden, der Schwerpunkt der Arbeitstätigkeit und des Arbeitsverhältnisses jedoch in Deutschland verbleiben.

Beschränkung von steuerrechtlichen Auswirkungen

Auch die steuerrechtlichen Auswirkungen können in der Regel im Rahmen der 183-Tage-Regelung beschränkt werden, wenn die Arbeitstätigkeit im ausländischen Arbeitszimmer a) nur vorübergehender Art ist und der b) Wohnsitz in Deutschland aufrecht erhalten bleibt. Zu beachten sind die speziellen Regelungen des jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA).

Festzuhalten bleibt in jedem Fall: Das Vorhaben „Homeoffice im Ausland“ sollte vorausschauend geplant werden, um nicht in die missliche Lage zu gelangen, einen geänderten Sachverhalt neu bewerten und mühsam rückabwickeln zu müssen. Oftmals verändern sich Sachverhalte entgegen der bisherigen Planung. Halten sich Mitarbeiter jedoch nicht mehr nur vorübergehend im Ausland auf, kann sich der Aufwand für Personalabteilungen maßgeblich erhöhen.

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