800 Mitarbeiter erhalten Kündigungen: Sozialplan für die Real-Verwaltungszentrale in Düsseldorf steht

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Nachdem im letzten Jahr der Mutterkonzern METRO die Einzelhandelskette Real verkauft hatte, rückt nun das Ende der Verwaltungszentrale näher. Während die Mitarbeiter in den einzelnen Filialen aufgrund der Übernahme durch Konkurrenten darauf hoffen können ihre Jobs zu behalten, steht das Schicksal der Zentrale in Düsseldorf fest. Der Verwaltungssitz wird nicht mehr benötigt und knapp 800 Mitarbeiter verlieren ihren Job.

Der Betriebsrat der Verwaltung und die Geschäftsführung haben bereits einen Sozialplan und einen Interessensausgleich beschlossen, der den betroffenen Mitarbeitern am 19. Mai bereits vorgestellt wurde. Was Real-Mitarbeiter jetzt wissen müssen erfahren Sie in unserem Beitrag!

1. Was ist ein Sozialplan?

In einem Sozialplan wird geregelt, wie die nachteiligen wirtschaftlichen Folgen einer Betriebsänderung für die betroffenen Mitarbeiter gemildert werden können. Der wichtigste Bestandteil ist dabei regelmäßig die Zahlung einer Abfindung zum Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile. Ein geschlossener Sozialplan ist für die betroffenen Mitarbeiter verbindlich. Die Arbeitnehmer haben einen einklagbaren Anspruch auf die festgelegte Abfindung. Es ist aber ferner möglich, beispielsweise im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens eine höhere Abfindung zu erstreiten.

2. Wann erhalte ich meine Kündigung?

Der Betrieb der Verwaltungszentrale wird zum 30.06.2022 stillgelegt. Bis dahin werden die Kündigung in fünf Wellen jeweils zum Quartalsende ausgesprochen.

Die ersten Kündigung sollen bis zum 30.06.2021 bereits rausgehen.

3. Was tun, wenn man mir einen Aufhebungsvertrag anbietet?

Sollte Ihr Arbeitgeber Ihnen noch nicht sofort kündigen, sondern „zur Vermeidung einer Kündigung“ einen Aufhebungs- oder Änderungsvertrag anbieten, ist besondere Vorsicht geboten. Wenn Sie einen solchen Vertrag einmal unterschrieben haben, gibt es keine Möglichkeit mehr, hiergegen vorzugehen.

Bei dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages ist ferner zu berücksichtigen, dass die Agentur für Arbeit in diesen Fällen oft eine Sperrzeit von 12 Wochen verhängt, in der kein Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht. Wir empfehlen Ihnen dringend, sich vor dem Abschluss eines Aufhebungs- oder Änderungsvertrages anwaltlich beraten zu lassen.

4. Bekomme ich eine Abfindung und wenn ja in welcher Höhe?

Im Sozialplan werden mögliche Abfindungszahlungen geregelt. Wie viel Sie als Abfindung erhalten können, lässt sich nicht pauschal sagen. Dies hängt vom Bruttomonatsgehalt und der Dauer der Betriebszugehörigkeit ab. Zusätzlich zur Abfindung erhält jeder Mitarbeiter eine Einmalprämie von 400.- €. 

Die von Real zugrunde gelegte Berechnungsformel lautet: Monatsbruttogehalt x Betriebszugehörigkeit x 0,5= Abfindung.

Zu beachten ist jedoch, dass grundsätzlich höchstens 12 Bruttomonatsgehälter gezahlt werden, bei älteren Mitarbeitern zwischen 50 und 61 erhöht sich die Maximalzahlung auf 14 Bruttomonatsgehälter, bei Personen über 61 liegt sie wieder bei 12 Monatsgehältern. Das heißt das über die oben genannten Beträge, die Abfindung gekappt wird.

5. Es wird zusätzlich eine Klageverzichtsprämie in Aussicht gestellt- was kann ich darunter verstehen?

Zudem haben die Betriebsparteien eine Zusatzprämie bei Klageverzicht vereinbart. Mitarbeiter erhalten einen zusätzlichen Betrag, wenn Sie nach Erhalt der Kündigung innerhalb von drei Wochen schriftlich dem Arbeitgeber gegenüber erklären, keine rechtlichen Schritte gegen die Kündigung einzuleiten. Real stellt hier eine zusätzliche Summe von 6.000 000.- € zur Verfügung. Dies klingt zunächst gut. Jedoch teilt sich die Summe durch alle berechtigten Mitarbeiter, nicht nur die, die einen Klageverzicht unterzeichnen. Zudem erhält nicht jeder Mitarbeiter den gleichen Betrag. Der Betrag wird mit der Vergabe sogenannter Sozialpunkte vergeben. Relevant sind die Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, unterhaltspflichtige Kinder und eventuelle Schwerbehinderungen des Mitarbeiters. Die Höhe der Klageverzichtsprämie ist damit schwer vorauszusagen. Sie sollten daher unbedingt für sich durchrechnen, ob die Prämie sich für Sie lohnt oder sich professionell beraten lassen.

Entscheiden Sie sich dazu den Klageverzicht zu unterschreiben, so ist diese Entscheidung bindend und es kann keine Kündigungsschutzklage mehr eingereicht werden.

6. Was können Sie tun, wenn Sie eine Kündigung bekommen?

Wenn Sie eine Kündigung erhalten sollten, können Sie beim Arbeitsgericht eine Kündigungsschutzklage einreichen. Im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens wird geprüft, ob die Kündigung unwirksam ist. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die Kündigung sozial ungerechtfertigt ist, Ihr Arbeitgeber Fehler bei der Sozialauswahl gemacht hat, der Betriebsrat nicht angehört wurde, keine ordnungsgemäße Massenentlassungsanzeige erstattet wurde oder die Kündigung unzulässiger Weise wegen eines Betriebsüberganges erfolgt ist.

7. Welche Frist ist zu beachten?

Die Klage muss innerhalb einer Frist von drei Wochen ab Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht erhoben werden. Wenn man Sie versäumt, gilt die Kündigung als rechtmäßig. Also beeilen!

8. Wie lange dauert ein Kündigungsschutzverfahren?

Dies kann nicht pauschal beantwortet werden. Ein erster Gerichtstermin (Gütetermin) findet laut Gesetz innerhalb weniger Wochen ab Klageerhebung statt. Ziel ist, dass bereits in diesem Termin eine abschließende Einigung erzielt werden kann. Andernfalls läuft das Verfahren weiter. Dies kann einige Monate dauern.

9. Übernimmt meine Rechtsschutzversicherung die Kosten für eine Klage?

In der Regel übernehmen Rechtsschutzversicherungen die Kosten. Die Korrespondenz (von der Deckungsanfrage bis zu Abrechnung) übernehmen wir als Kanzlei gerne.

Zögern Sie nicht uns anzusprechen!

Vereinbaren Sie einen Beratungstermin mit einem Rechtsanwalt aus unserem erfahrenen Arbeitsrechtsteam rund um Fachanwalt für Arbeitsrecht Volker Görzel


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