Kündigung wegen Betriebsratsgründung 

Rausgeworfen wegen Mitbestimmung – und das rächt sich

Ein Jurastudent arbeitete in der Gastronomie – doch als er einen Betriebsrat gründen wollte, flog er raus. Fristlos. Was danach folgte, war ein juristisches Nachspiel mit überraschendem Ausgang: Das Landesarbeitsgericht München gab dem Studenten in zentralen Punkten Recht. Und verurteilte den Arbeitgeber zu Schadensersatz, Entschuldigung und sogar sechs Monaten Urlaub!

Plötzlich nur noch Küche statt Service

Zunächst wurde der Student einfach nicht mehr eingeteilt. Dann sollte er auf einmal nicht mehr im Service arbeiten, sondern in der Küche. Als er sich weigerte, kam die fristlose Kündigung – wegen angeblicher „Arbeitsverweigerung“. Der wahre Grund? Die geplante Betriebsratsgründung.

Skandalöse Begründung: „Noch jung, keine Kinder, Minijob“

Besonders heftig: In der Kündigungsbegründung hieß es, der Student sei „nur Teilzeitkraft, jung und ohne Unterhaltspflichten“. Das wertete das Gericht später als Altersdiskriminierung – ein klarer Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG).

36 Klagepunkte – von Trinkgeld bis WhatsApp-Gruppe

Der Student reichte insgesamt 36 Klageanträge ein: Neben dem Kündigungsschutz forderte er auch entgangene Trinkgelder, Gläsergeld, Wäschekosten, die Wiederaufnahme in die betriebliche WhatsApp-Gruppe – und sogar eine schriftliche Entschuldigung.

Erste Runde verloren – doch dann kommt die Wende

Vor dem Arbeitsgericht München verlor der Student zunächst die meisten Punkte – nur die Kündigung wurde als unwirksam erklärt. Doch in der Berufung drehte sich das Blatt: Das Landesarbeitsgericht gab ihm umfassend Recht.

Kündigung war reine Schikane

Das LAG stellte klar: Die Kündigung war vorgeschoben. Der Arbeitgeber habe versucht, Druck aufzubauen und den Kläger loszuwerden. Die Kücheneinteilung diente nur dazu, den Widerstand zu brechen. Das sei unzulässig – und schadensersatzpflichtig!

Auch der Geschäftsführer persönlich muss zahlen

Das Gericht ließ sogar eine persönliche Haftung des Geschäftsführers zu. Er habe vorsätzlich gegen Schutzgesetze verstoßen – damit greift die sogenannte „Durchgriffshaftung“. Ein seltener, aber folgenreicher Schritt.

Trinkgeld ist echter Lohn!

Das Gericht entschied, dass entgangene Trinkgelder als „entgangener Gewinn“ zu ersetzen sind. Für jede ausgefallene Schicht bekam der Student 100 Euro zugesprochen – ein echter Präzedenzfall!

Gratis-Schnitzel zählt als Naturallohn

Auch die sonst üblichen kostenlosen Speisen und Getränke wurden berücksichtigt. Diese Vorteile aus der Gastronomie-Zeit gelten laut Gericht als Sachbezug – und müssen ebenfalls ersetzt werden.

Arbeitgeber muss sich schriftlich entschuldigen

Der vielleicht überraschendste Teil: Das Gericht verurteilte den Arbeitgeber, sich für seine diskriminierenden Aussagen in der Kündigung förmlich zu entschuldigen. Ein starkes Signal – auch in moralischer Hinsicht.

Überstunden und Wäschegeld: Jetzt wird aufgerechnet

Weil der Student nachweislich mehr gearbeitet hatte als vertraglich geregelt, wurden ihm auch die Überstunden vergütet. Und für das private Waschen seiner Schürzen erhielt er einen Aufwendungsersatz. Denn: Arbeitskleidung muss der Arbeitgeber reinigen lassen – so das Gericht.

Annahmeverzugslohn auch ohne Arbeitseinsatz

Der Student musste auch dann bezahlt werden, wenn er nicht zur Arbeit eingeteilt war. Denn das lag in der Verantwortung des Arbeitgebers. Und weil keine Einteilung erfolgte, lag ein sogenannter Annahmeverzug vor.

Sechs Monate Urlaub? Ja, das gibt’s!

Weil der Arbeitgeber ihn nie über seinen Urlaubsanspruch informiert hatte, verjährten diese Tage nicht. Das Gericht sprach dem Studenten 72 Urlaubstage zu – aufgeteilt auf 29 Wochen.

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