Unternehmen sollten nicht länger mit der Einführung eines Zeiterfassungssystems warten

Wie ein Richterspruch am Arbeitsgericht Emden zeigt, besteht de facto schon jetzt die Pflicht zur umfassenden Arbeitszeiterfassung.

Fast ein Jahr ist seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Arbeitszeiterfassung vergangen, das viel Wirbel in die Arbeitswelt gebracht hat. Die Mitgliedstaaten der EU sollen Gesetze verabschieden, die eine systematische Arbeitszeiterfassung erwirken. Der deutsche Gesetzgeber hält sich seitdem eher bedeckt. Doch das Arbeitsgericht Emden hat nun eine maßgebende Entscheidung getroffen.

Dort hatte die Zahlungsklage eines ehemaligen Bauhelfers Erfolg. Dieser bestand darauf, im Zeitraum September bis November 2018 auf zwei Baustellen 195 Arbeitsstunden geleistet zu haben. Sein Arbeitgeber beharrte jedoch darauf, der Bauhelfer habe nur Anspruch auf Vergütung von 183 Arbeitsstunden. Das vorgelegte Bautagebuch des Arbeitgebers, welches lediglich Vermerke über Beginn und Ende der Arbeitstage enthielt, sei aber laut Richterspruch „nicht ausreichend, um der Beweis- und Darlegungspflicht des Arbeitgebers zu genügen“.

Es liege daher ein Verstoß gegen Art. 31 Abs. 2 der EU-Grundrechte-Charta vor.

Obwohl also das Bundesministerium für Arbeit und Soziales noch keinen Gesetzentwurf bezüglich der verpflichtenden Arbeitszeiterfassung vorgelegt hat, ist die Einführung eines “objektiven”, “verlässlichen” und “zugänglichen” Systems, wie es das EuGH-Urteil aus dem Mai 2019 vorsieht, schon jetzt verpflichtend für Arbeitgeber.

Was Arbeitgeber jetzt im Unternehmen umsetzen sollten

Wie und was genau dokumentiert werden muss ist indes noch  unklar. Jedoch sollten Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit jeweils am Tag der Arbeitsleistung aufgezeichnet werden, digital oder analog. Möglich sind etwa eine Aufzeichnung in Papierform, eine Erfassung in elektroni­scher Form, durch Computerprogramme oder über elektronische Zutrittsausweise.

Arbeitgeber können Arbeitnehmer auch mit der Dokumentation beauftragen, sollten dies aber regelmäßig kontrollieren. Dokumentieren Arbeitgeber die Arbeitszeiten, so müssen sie ihren Mitarbeitern Einsicht in die über sie geführten Zeiterfassungen geben.

Es besteht noch viel Unsicherheit bezüglich der Umsetzung des EuGH Urteils. Fest steht aber, Unternehmen müssen jetzt handeln, um sich vor drohenden Klagen zu schützen.

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