Das Landgericht Hamburg hat heute der Unterlassungsklage des SPD-Politikers Sigmar Gabriel gegen den Verkauf von Miniaturholzgalgen mit der Beschriftung Reserviert – Sigmar Das Pack‘ Gabriel stattgegeben.

Nach der Entscheidung des Gerichts verletzt der Verkauf der Galgen, die der beklagte Betreiber eines Online-Shops im Internet angeboten hatte, das allgemeine Persönlichkeitsrecht Gabriels. Verkäufer kann sich nicht auf Kunstfreiheit berufen.

Der Aussagegehalt des Galgens gehe weit über eine Kritik an der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung und an der politischen Tätigkeit Gabriels hinaus. Im Vordergrund stehe insbesondere ein unmittelbarer Angriff auf die Person Gabriels, dessen Hinrichtung als Volksverräter gefordert werde. Durch diese Herabwürdigung in Anspielung auf Todesurteile des Volksgerichtshofs während der NS-Zeit werde ihm der personale Wert schlechthin abgesprochen. Das müsse Gabriel auch als ehemaliger Spitzenpolitiker nicht hinnehmen, so dass ihm der mit seiner Klage geltend gemachte Unterlassungsanspruch zustehe.

Der beklagte Online-Händler hatte die etwa 35cm hohen Miniaturgalgen bis Ende 2017 über das Internet als handgefertigtes „Original vom Original … bestens bekannt aus Funk und Fernsehen“ zum Preis von € 29,95 zum Kauf angeboten. Wie bei dem Holzgalgen, den ein Teilnehmer auf einer Pegida-Demonstration im Jahr 2015 in die Öffentlichkeit getragen hatte, sind an dem Miniaturgalgen zwei Stricke angebracht, die jeweils mit einem Schild beschriftet sind: Der vordere mit den Worten „Reserviert- Angela ‚Mutti‘ Merkel“ und der hintere mit den Worten „Reserviert- Sigmar ‚Das Pack‘ Gabriel“. Das Holzgestell trägt auf der Innenseite die Inschrift „VOLKSVERRÄTER“, auf der Außenseite ist dieses mit dem Wort „DEUTSCH-LAND“ beschriftet. In der Produktbeschreibung heißt es: „Der abgebildete Galgen hat sarkastischen Charakter und soll kein Aufruf zum Mord oder anderen Straftaten darstellen“.

Der heutigen Entscheidung, mit der das Gericht eine im Dezember 2017 ergangene einstweilige Verfügung bestätigt hat, liegt eine Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers zugrunde. Die Kritik des Beklagten an der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung, insbesondere an der „Grenzöffnung“ im September 2015, und an der Rolle des Klägers als damaliger Bundesminister und Vizekanzler sei zwar für sich genommen von der Meinungsfreiheit geschützt. Auch beziehe sich die Beschriftung des hinteren Stricks erkennbar auf eine Äußerung des Klägers, mit der er die Teilnehmer der Demonstrationen in Heidenau als „Pack“ bezeichnet habe. Zu berücksichtigen sei weiterhin, dass der Kläger ein ehemaliger Spitzenpolitiker ist. Die Gestaltung des Galgens gehe jedoch weit darüber hinaus, indem – ungeachtet der Produktbeschreibung – nicht nur der Tod des Klägers gebilligt, sondern seine Hinrichtung befürwortet werde. Die Aufschrift „Volksverräter“ sei als Anspielung auf die Prozesse vor dem Volksgerichtshof während der Zeit des Nationalsozialismus zu verstehen. In Verbindung mit dem Galgen komme zum Ausdruck, dass der Beklagte es wegen des „Verrates“ am deutschen Volke für gerechtfertigt halte, dass der Kläger unter besonderer Bloßstellung und Herabwürdigung seiner Person angeprangert und auf martialische Weise hingerichtet werde. Gegenüber dieser massiven Herabsetzung der Person des Klägers trete die sachbezogene Auseinandersetzung mit der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung und der Verantwortlichkeit des Klägers als Vizekanzler völlig in den Hintergrund. In die Abwägung sei weiterhin einzustellen, dass streitgegenständlich der Verkauf des Galgens mit Gewinnerzielungsinteresse sei. Nicht durchgreifend sei auch das Argument, dass der Kläger Dritte als „Pack“ bezeichnet habe, da selbst nach dem Beklagtenvortrag dies in Bezug auf gewalttätige Ausschreitungen erfolgte.

Nach Ansicht der Kammer kann sich der Beklagte weder auf die Kunstfreiheit noch auf den besonderen Schutz der Satire als Äußerungsform berufen. Der Galgen verkörpere den dar-gestellten Aussagegehalt unmittelbar und stelle keine Äußerung satirischer Art dar. Satiretypische Gestaltungsmerkmale wie Übertreibungen, Verfremdungen oder Überhöhungen seien nicht zu erkennen.

LG Hamburg Urteil vom 28.09.2018 – Az. 324 O 53/18
Quelle: PM des LG Haburg vom 28.09.2018

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