Was rechtlich gilt, wenn Mitarbeiter und Arbeitgeber keine Ziele festlegen

Bonuszahlung – auch bei fehlendem Zielvereinbarungsgespräch?

Nicht selten findet sich in Arbeitsverträgen eine Regelung zu einem Bonus, einer Prämie oder Jahressonderzahlung. Diese Zahlungen, meist als Motivationsspritze gedacht, sind häufig abhängig davon, dass der Mitarbeiter bestimmte, vorab vereinbarte Ziele erreicht. Soweit, so gut. Problematisch wird es jedoch, wenn keine Jahresziele festgelegt werden. 

Arbeitgeberpflicht zur Vorgabe von Zielen

Grundsätzlich ist häufig vereinbart, dass die Ziele vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer für jedes Geschäftsjahr gemeinsam festzulegen sind. Die Zielvereinbarungen werden in der Regel also im Einvernehmen getroffen.

Von welcher Seite im Einzelfall die Initiative zu Zielvereinbarungsgesprächen ausgehen muss, hängt jedoch von der konkreten Formulierung des Textes im Arbeitsvertrag ab.

sagt Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Volker Görzel 

Ist im Arbeitsvertrag eine konkrete Regelung getroffen, nach der ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine von einer Zielerreichung abhängige Bonuszahlung hat, ist der Arbeitgeber auch grundsätzlich in der Pflicht. Das bedeutet, der Mitarbeiter kann verlangen, dass es auch tatsächlich zum Abschluss einer Zielvereinbarung – verbunden mit einer Bonuszahlung – kommt.

BAG: Unterlassene Zielvereinbarung führt zu Schadensersatz

Der Fall des BAG: Nach Ziel­er­rei­chung von 96 Pro­zent im Jah­re 2005 ver­wei­gert der Ar­beit­ge­ber für 2006 die Fest­le­gung von Zie­len

In einem kürzlich entschiedenen Fall vertreibt die beklagte Ar­beit­ge­be­rin Kas­sen­sys­te­me (EDV und Hard­ware) zu­sam­men mit den da­zu­gehöri­gen Kas­sen an gas­tro­no­mi­sche Be­trie­be. Der Kläger war als Ar­beit­neh­mer in der Ab­tei­lung Ver­trieb und Mar­ke­ting bei der Be­klag­ten beschäftigt.

Für das Jahr 2005 hat­te man ei­ne Ziel­ver­ein­ba­rung ge­trof­fen, die der Kläger zu et­wa 96 Pro­zent er­reich­te. Für das Jahr 2006 kam es da­ge­gen trotz Auf­for­de­rung des Klägers nicht zu ei­ner er­neu­ten Ziel­ver­ein­ba­rung. Nach­dem das Ar­beits­verhält­nis im Lau­fe des Jah­res 2006 be­en­det wur­de, ver­lang­te der Kläger den Ziel­er­rei­chungs­bo­nus an­tei­lig für das Jahr 2006.

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass das arbeitsvertraglich vorgesehene schuldhafte nicht-vereinbaren von Zielen innerhalb einer Zielperiode, an deren Erreichen eine Bonuszahlung geknüpft ist, jedenfalls nach Ablauf der Zielperiode den Grunde nach einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung auslöst.

Schadensersatz: Mitverschulden des Arbeitnehmers berücksichtigen?

Besteht Anspruch auf Schadensersatz ist jedoch auch das Verhalten des Mitarbeiters zu berücksichtigen. Zwar hängt es – wie beschrieben – von der Formulierung im individuellen Fall ab, wer die Initiative zur Aufnahme von Zielvereinbarungsgesprächen ergreifen soll. Ist der Mitarbeiter aber nicht zumindest einmal mit dem Wunsch nach einem Zielvereinbarungsgespräch auf den Arbeitgeber zugegangen, kann ihn eine Mitschuld treffen. Das BAG hatte dazu entschieden, dass bei einem etwaigen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers sein Verschulden am Nichtzustandekommen der Zielvereinbarung, als Mitverschulden angemessen zu berücksichtigen ist.

BAG erteilt fiktiver Berechnung des Vergütungsanspruchs Absage

Anders als das Landesarbeitsgericht hat das BAG ei­ner fik­ti­ven Be­rech­nung des Vergütungs­an­spruchs nicht zugestimmt. In Zukunft müssen Arbeitnehmer also kon­kret dar­le­gen, wel­che Vergütung sie er­hal­ten hätten, wenn es zu ei­ner „rea­lis­ti­schen“, will heißen we­der zu schwer noch zu leicht zu erfüllen­den Ziel­ver­ein­ba­rung ge­kom­men wäre.

Quelle: Urteil des BAG vom 7.12.20, 8 AZR 149/20

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