Muss ich trotz Hochwasser zur Arbeit? Das müssen Betroffene jetzt wissen

Auch fast eine Woche nach dem verheerenden Starkregen des Sturmtiefs „Bernd“  ist die Lage in vielen Regionen vor allen Dingen im Westen Deutschlands noch weiter kritisch: Menschen haben aufgrund des Hochwassers Angehörige und ihr Hab und Gut verloren, ganze Dörfer sind komplett verwüstet, Gleise und Straßen weiter nicht befahrbar.

Können Mitarbeiter nach solch einem Ereignis der Arbeit fernbleiben oder müssen sie ungeachtet der Situation pünktlich zum Dienst erscheinen? Wir klären auf!

1. Grundsätzliches zum Thema Hochwasser und Arbeit

Grundsätzlich gilt: Auch nach einem Unwetter müssen Mitarbeiter ihrer Arbeit nachgehen und damit auch – wenn der Arbeitgeber dies verlangt- vor Ort im Büro erscheinen. Bleibt der Arbeitnehmer trotz Pflicht der Arbeit fern so gilt: ohne Arbeit kein Lohn. Im schlimmsten riskiert der Arbeitnehmer eine Abmahnung oder gar eine Kündigung. Doch extreme Wetterereignisse ermöglichen Ausnahmen von diesem Grundsatz.  Unsere Einschätzung zu den wichtigsten Fragen im Überblick.

2. Darf ich zu Hause bleiben, um Wasserschäden durch das Hochwasser zu minimieren?

Ja, bei einer Notlage im eigenen Haushalt ist hier eine Ausnahme zu machen. Ein Arbeitnehmer hat bei einer persönlichen Arbeitsverhinderung Anspruch auf bezahlte Freistellung, wenn er unverschuldet für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund an der Arbeitsleistung verhindert ist. Dies regelt § 616 BGB. Wie lang eine solche Freistellung sein kann, ist gesetzlich nicht geregelt. Grundsätzlich kann sich aber ein Zeitraum von fünf Arbeitstagen hier anbieten. Wichtig ist, dass Arbeitnehmer ihren Chef so schnell wie möglich informieren und zwischendurch rückmelden, wann und wie mit dem Ende der Aufräumarbeiten zu rechnen ist.

Ist § 616 BGB einschlägig, kann der Mitarbeiter der Arbeit fernbleiben und hat trotzdem noch Anspruch auf die volle Lohnzahlung.

Achtung: Einige Arbeitsverträge schließen den § 616 BGB von vorneherein aus. Ist dies der Fall, haben Mitarbeiter auch keinen Anspruch auf eine bezahlte Freistellung und müssen auf die Kulanz ihres Arbeitgebers hoffen.

3.  Mein Betrieb ist vom Hochwasser betroffen und muss daher geschlossen bleiben. Bekomme ich weiter Gehalt?

Ja, muss ein Betrieb geschlossen bleiben, greift in solchen Situationen das sogenannte Betriebsrisiko. Unter dem Betriebsrisiko versteht man das Risiko, dass ein Unternehmen seine Produkte und Dienstleistungen aus betrieblich-technischen, wirtschaftlichen oder zwingend rechtlichen Gründen nicht wie gewohnt erbringen kann. Dieses Risiko trägt der Arbeitgeber ganz allein und muss seinen Mitarbeitern weiterhin Lohn zahlen auch wenn er sie nicht einsetzen kann.

4. Meine Pendelstrecke ist nur schwer befahrbar, da Zugstrecken oder Straßen noch gesperrt sind. Muss ich zur Arbeit kommen?

Sofern sie nicht selbst von den Unwetterschäden und dem Hochwasser betroffen sind, müssen Sie zur Arbeit erscheinen. Können Sie aufgrund der angespannten Verkehrslage nicht im Betrieb erscheinen, so trifft sie etwa auch wie bei Schneechaos in den Wintermonaten das Wegerisiko: erscheinen Sie nicht zur Arbeit, so haben Sie keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung! Arbeitnehmer müssen alles Zumutbare unternehmen, um pünktlich zur Arbeit zu erscheinen- etwa früher aufstehen. In jedem Fall sollten Sie Ihren Arbeitgeber über Ihr Fernbleiben informieren.

5. Kann ich stattdessen im Homeoffice arbeiten?

Ohne das Einverständnis des Arbeitgebers dürfen Arbeitnehmer nicht einfach ihrer Arbeit aus dem Homeoffice nachgehen. In Deutschland gibt es kein gesetzlich verankertes Recht auf Heimarbeit. Auch die zwischenzeitlich zur Eindämmung der Pandemie eingeführte Homeoffice-Regelung gilt seit dem 01. Juli nicht mehr.  Auch hier müssen Arbeitnehmer auf die Kulanz ihres Chefs hoffen.

6. Schulen und KiTas haben geschlossen- kann ich zur Betreuung meiner Kinder zuhause bleiben?

Ja, Eltern haben in dieser Situation Anspruch auf Kinderkrankentage und Kinderkrankengeld. Das Kinderkrankengeld beträgt in der Regel 90 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts. Das Kinderkrankengeld können Eltern bei ihrer Krankenkasse beantragen, soweit sie gesetzlich versichert sind. Privat Versicherte haben hier keinen gesetzlichen Anspruch. Weiteres zum Thema Kinderkrankentage finden Sie in unserem Beitrag hier. 

Sie haben noch Fragen zu dem Thema? Zögern Sie nicht uns anzusprechen!

Vereinbaren Sie einen Beratungstermin mit einem Rechtsanwalt aus unserem erfahrenen Arbeitsrechtsteam rund um Fachanwalt für Arbeitsrecht Volker Görzel


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