Bundesfinanzhof: Welchem Unternehmen wird ein Arbeitnehmer bei grenzüberschreitender Arbeitnehmerentsendung zugeordnet?

Der Bundesfinanzhof hat sich erneut mit der Frage beschäftigt, welches Unternehmen erste Tätigkeitsstätte bei entsendeten Mitarbeitern im Ausland ist,
Erste Tätigkeitsstätte ist das ausländische Unternehmen, soweit es sich um  eine ortsfeste betriebliche Einrichtung handelt und der Arbeitnehmer einen eigenständigen Arbeitsvertrag mit dem aufnehmenden Unternehmen geschlossen hat. 

In dem Verfahren ging es um einen VW-Mitarbeiter, der von Wolfsburg (Heimatgesellschaft) aufgrund eines Entsendevertrags für drei Jahre eine Tätigkeit bei VW USa aufnahm. Sein Arbeitsverhältnis mit VW in Deutschland wurde ruhend gestellt, vor Ort in den USA  war er den Regeln der Gastgesellschaft unterstellt und schloss mit VW USA zudem einen eigenständigen Arbeitsvertrag ab. In diesem Vertrag waren Zuschüsse für die Wohnungskosten in den USA, für Heimflüge (Flugbudget) und für Möbelmiete vorgesehen.
Der entsendete Arbeitnehmer behielt in Deutschland seine Wohnung, zog aber mit seiner Frau nach Amerika.

Daher urteilte der Bundesfinanzhof, dass die erste Tätigkeitsstätte des A sich in den USA befunden habe und damit keine auswärtige Tätigkeit vorliege. Somit kann der Arbeitslohn nicht um die Zuschüsse gemindert werden und Arbeitslohn aus den USA ist in voller Höhe in die Berechnung des Steuersatzes nach dem Progressionsvorbehalt (§ 32b EStG) einzubeziehen.

Grundsätzliches zur ersten Tätigkeitsstätte

Erste Tätigkeitsstätte in den USA

Erste Tätigkeitsstätte ist nach der Legaldefinition in § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist.

  • Die ausländische Einsatzstelle ist eine ortsfeste Einrichtung.
  • Es liegt eine Einrichtung des Arbeitgebers des Arbeitnehmers vor, der Arbeitnehmer ist mit der Gastgesellschaft ein (befristetes) Arbeitsverhältnis eingegangen.
  • Der Arbeitnehmer ist in den Betrieb der Gastgesellschaft eingegliedert. Er erbringt ihr gegenüber Arbeitsleistungen  und erhält von dieser im Gegenzug seinen Arbeitslohn.
  • Der Arbeitnehmer ist der ausländischen Stelle zugeordnet.
  • Die Zuordnung erfolgt zur ausländischen Gesellschaft erfolgt dauerhaft. Sie soll für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses Bestand haben (§ 9 Abs. 4 Satz 3 Regelbeispiel 2).
  • Das Arbeitsverhältnis mit der Heimatgesellschaft ist ruhend gestellt. Aus dieser ergaben sich keine arbeitsrechtlichen Weisungen in Bezug auf eine erste Tätigkeitsstätte mehr. Die Arbeitgeberstellung der Heimatgesellschaft ist nur subsidiär.

Fazit

Die Frage der ersten Tätigkeitsstätte bei der Auslandsentsendung hat hohe praktische Relevanz im Bereich des Steuerrechts. Umso wichtiger ist es, dass sich Arbeitgeber wie Arbeitnehmer vor solchen Einsätzen umfassend rechtlich beraten lassen, um unschöne und teure Überraschungen zu vermeiden. Die Frage, welche Gesellschaft erste Tätigkeitsstätte ist, lässt sich zudem nur anhand des Einzelfalls beantworten.

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