Betriebsratsvergütung kürzen? So einfach geht das nicht!

Viele Arbeitgeber glauben, sie könnten die Vergütung freigestellter Betriebsräte einfach nach unten korrigieren. Doch damit liegen sie falsch – das hat jetzt das Bundesarbeitsgericht (BAG) ganz klar entschieden. Wer die Vergütung ändern will, muss beweisen, dass sie ursprünglich falsch berechnet wurde. Und das ist gar nicht so einfach!


Der Fall: Betriebsrat steigt auf – und dann wieder ab?

Ein langjähriger Mitarbeiter eines bekannten Automobilherstellers war seit 2002 vollständig freigestelltes Betriebsratsmitglied. Anfang 2003 wurde sein Gehalt angepasst – und zwar nach den Regeln des § 37 Abs. 4 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG). Sein Lohn orientierte sich an vergleichbaren Kollegen mit einer üblichen Entwicklung im Betrieb.

In den folgenden Jahren erhielt er regelmäßig Gehaltserhöhungen. Ab Januar 2015 verdiente er nach der Entgeltstufe ES 20. Im Oktober 2015 bekam er sogar ein Jobangebot als Fertigungskoordinator. Doch er lehnte ab – wegen seiner Betriebsratstätigkeit.


Plötzliche Rückstufung – und Rückforderung von Gehalt

Nach einer unternehmensweiten Überprüfung der Betriebsratsgehälter – ausgelöst durch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs – kam der Arbeitgeber zu einem anderen Ergebnis: Die bisherige Vergütung sei zu hoch gewesen! Statt ES 20 sei nur ES 18 gerechtfertigt.

Und jetzt der Hammer: Für den Zeitraum von Oktober 2022 bis Januar 2023 verlangte der Arbeitgeber die angeblich „zu viel“ gezahlten Beträge zurück. Ab Februar 2023 bekam der Betriebsrat nur noch Gehalt nach ES 17, ab März dann ES 18.


Gerichte im Clinch – wer hat recht?

Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen meinte zunächst: Der Mitarbeiter hat keinen Anspruch auf die frühere Vergütung nach ES 20. Aber – und das ist wichtig – ihm stehe womöglich ein sogenannter „fiktiver Beförderungsanspruch“ zu. Also: Was wäre gewesen, wenn er nicht Betriebsrat, sondern normaler Arbeitnehmer geblieben wäre?

Doch das Bundesarbeitsgericht sieht das anders. Es verwies den Fall zurück ans Landesarbeitsgericht – mit einer klaren Ansage.


Klartext vom Bundesarbeitsgericht: Beweisen muss der Chef!

Wenn ein Arbeitgeber einem Betriebsrat eine bestimmte Vergütung nach § 37 Abs. 4 BetrVG zuteilt, muss er später beweisen, dass diese falsch war – und zwar objektiv. Es reicht also nicht, einfach nur zu behaupten, man habe sich „verrechnet“ oder „geirrt“.

Solange dieser Nachweis fehlt, darf die Vergütung nicht einfach gekürzt werden. Das Gericht stellt damit klar: Der Arbeitgeber trägt das Risiko für seine eigenen Entscheidungen.


Wichtiger Schutz für Betriebsräte: Keine Benachteiligung erlaubt!

Und noch etwas: Ein Betriebsrat darf wegen seiner Tätigkeit nicht schlechter gestellt werden als andere Mitarbeitende. Das regelt § 78 Satz 2 BetrVG in Verbindung mit § 611a Abs. 2 BGB. Wenn die niedrigere Vergütung eine Benachteiligung ist, besteht ein direkter Anspruch auf eine angemessene Bezahlung – ganz unabhängig von § 37 Abs. 4 BetrVG.

Das bedeutet: Auch wenn die „offizielle“ Gehaltsanpassung rechtlich wackelt, kann ein Betriebsrat sich trotzdem auf einen eigenen Vergütungsanspruch berufen.


Unser Fazit: Vorsicht bei Kürzungen – sonst wird’s teuer!

Für Arbeitgeber ist klar: Wer Betriebsratsvergütungen nachträglich ändern möchte, muss sich gut vorbereiten. Ohne handfeste Beweise für Fehler in der ursprünglichen Berechnung geht gar nichts. Wer hier vorschnell handelt, riskiert nicht nur Rückzahlungen, sondern auch rechtliche Niederlagen.

Sie sind Arbeitgeber oder Betriebsrat und unsicher, was bei der Vergütung zulässig ist? Sprechen Sie uns an!

Vereinbaren Sie einen Beratungstermin mit einem Rechtsanwalt aus unserem erfahrenen Team aus Fachanwälten für Arbeitsrecht.


Beitrag teilen