Sofern die Bewerbung insgeheim darauf abzielt, eine Absage zu erhalten um im Anschluss eine Diskriminierungsentschädigung zu fordern ist diese rechtsmissbräuchlich

Grundsätzlich sind un­ge­recht­fer­tig­te Be­nach­tei­li­gun­gen (Dis­kri­mi­nie­run­gen) ei­nes Be­wer­bers we­gen der re­li­giösen oder welt­an­schau­li­chen Über­zeu­gung bei der Stel­len­aus­schrei­bung und Stel­len­be­set­zung nach dem All­ge­mei­nen Gleich­be­hand­lungs­ge­setz (AGG) ver­bo­ten( § 1 AGG in Verb. mit § 2 Abs.1 Nr.1, § 6 Abs.1 Satz 2 und § 7 Abs.1 AGG). Liegt ein solcher Verstoß vor, so kann dem Bewerber unter Umständen ein Anspruch auf eine Diskriminierungsentschädigung zustehen. Mittlerweile können demnach beispielsweise katholische Arbeitgeber sich nicht mehr auf ein „Selbstbestimmungsrecht der Kirchen“ berufen, wenn sie Bewerber anderer Glaubensrichtungen ablehnen wollen. Bisher hatten die Richter des BAG sich weitgehend bewerberfreundlich positioniert.

Die Grenze ist aber nun wohl dann erreicht, wenn bereits aus der Bewerbung hervorgeht, dass insgeheim kein tatsächliches Interesse an der ausgeschriebenen Stelle besteht, sondern die Bewerbung mithilfe povokanter Aussagen alleine darauf abzielt eine Entschädigung aufgrund von Diskriminierung zu erhalten. Hintergrund für das Urteil des BAG war vorliegend die Bewerbung eines Rechtsanwalts in eigener Sache, welcher sich auf eine Stelle eines diakonischen Dachverbandes beworben hatte. Gesucht wurde ein/e „Referent/Referentin Arbeitsrecht“.

Vor­aus­set­zung war laut Stel­len­aus­schrei­bung die Zu­gehörig­keit zur Evan­ge­li­schen Kir­che oder ei­ner Kir­che der ACK, der Ar­beits­ge­mein­schaft Christ­li­cher Kir­chen in Deutsch­land, in der 17 christ­li­che Glau­bens­ge­mein­schaf­ten or­ga­ni­siert sind. Außer­dem be­zeich­ne­te es die Stel­len­aus­schrei­bung als „wünschens­wert“, wenn die Be­wer­ber „ers­te Be­rufs­er­fah­run­gen (3 Jah­re)“ hätten.

Der klagende Rechtsanwalt hatte sich ausschnittweise wie folgt beworben:

„Als Rechts­an­walt bin ich mitt­ler­wei­le seit na­he­zu neun Jah­ren tätig und ha­be mich (…) mitt­ler­wei­le auf das Ar­beits­recht spe­zia­li­siert. (…) Da ich meh­re­re Jah­re hin­weg als selbständi­ger Rechts­an­walt al­lein für den wirt­schaft­li­chen Er­folg mei­nes Büros ver­ant­wort­lich war, verfüge ich über ein so­li­des Maß an be­triebs­wirt­schaft­li­chen Kennt­nis­sen. Der­zeit gehöre ich aus fi­nan­zi­el­len Gründen nicht der evan­ge­li­schen Kir­che an, je­doch kann ich mich mit den Glau­bens­grundsätzen der evan­ge­li­schen Kir­che iden­ti­fi­zie­ren, da ich lan­ge Mit­glied der evan­ge­li­schen Kir­che war.“

Der Verband lehnte die Bewerbung dann letztlich ab, weshalb der Rechtsanwalt eine Entschädigung forderte. Zunächst in Höhe von vier Gehältern à 4.000,00 EUR. Als der Ver­band nicht zahl­te, er­hob er Kla­ge vor dem Ar­beits­ge­richt Hal­le, wo er zunächst 14.820,88 EUR ver­lang­te und zu­letzt ei­ne Entschädi­gung von min­des­tens ei­ner Mo­nats­vergütung (3.705,22 EUR). Die Klage wurde vollumfänglich abgewiesen.

Die Richter des BAG stuften bereits die  provozierenden Aussagen in seinem Bewerbungsschreiben als rechtsmissbräuchlich ein. Insbesondere die Darlegung des Rechtsanwalts, er gehöre aus finanziellen Gründen zur Zeit nicht der evangelischen Kirche an, könne sich aber mit den Glaubenssätzen der evangelischen Kirche identifizieren sei unmissverständlich eine brüskierende Provokation gegenüber dem Dachverband. Außerdem sprachen die Richter von der Floskelhaftigkeit der Aussagen in der Bewerbung.

Insgesamt ist aus dieser neuen Begründung zu schließen, dass die Gerichte den Formulierungen in den Bewerbungen zukünftig auch große Bedeutung zumessen werden um die tatsächlichen Absichten des Bewerbers daraus ableiten zu können. Zu erwarten ist dementsprechend, dass in Zukunft auch mehr Bewerbungen dahingehend beurteilt werden könnten, alleine auf eine Geldentschädigung abzuzielen.

Quelle: Ur­teil des Bundesarbeitsgerichts vom 25.10.2018, 8 AZR 562/16


Beitrag teilen