Selbstständig oder Arbeitnehmer? So entscheidet das Gericht

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) behandelt seine Schiedsrichter und Assistenten traditionell als Selbstständige. Das bedeutet: kein Anspruch auf Urlaub, keine Sozialabgaben. Lange schien das unstrittig – bis jetzt.
Denn das LAG Köln urteilte im Fall eines 28-jährigen Schiedsrichterassistenten: Zwischen ihm und dem DFB besteht ein echtes Arbeitsverhältnis.


Definition: Wer ist Arbeitnehmer nach dem Gesetz?

Das Arbeitsrecht legt in § 611a BGB genau fest, wann jemand als Arbeitnehmer gilt.

  • Arbeitnehmer ist, wer im Dienste eines anderen arbeitet und dabei weisungsgebundene, fremdbestimmte Arbeitleistet.

  • Weisungen können sich auf Inhalt, Durchführung, Zeit oder Ort der Tätigkeit beziehen.

  • Weisungsgebunden ist, wer seine Arbeit nicht frei gestalten oder seine Arbeitszeit selbst bestimmen kann.

  • Wie stark diese Abhängigkeit ist, hängt immer auch von der Art der Tätigkeit ab.

  • Ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, wird durch eine Gesamtbetrachtung aller Umstände entschieden.

  • Entscheidend ist, wie das Arbeitsverhältnis tatsächlich gelebt wird – nicht, welche Bezeichnung im Vertrag steht.

👉 Mit anderen Worten: Auch wenn im Vertrag „Freier Mitarbeiter“ steht, kann es sich rechtlich trotzdem um ein Arbeitsverhältnis handeln.


Weisungsgebundenheit als entscheidendes Kriterium

Ob Schiedsrichter oder Crowdworker – die persönliche Abhängigkeit ist ausschlaggebend. Wer in eine fremde Organisation eingegliedert ist und sich an Vorgaben halten muss, gilt als Arbeitnehmer.
Im Kölner Verfahren war genau das der Fall:

  • Pflicht zu Lehrgängen und sportlichem Training

  • Vorgaben zur Kleidung nach der Schiedsrichterordnung

  • Eingriffe bis in die private Lebensgestaltung

Das Gericht machte deutlich: Die Realität zählt mehr als der Vertragstitel.


Scheinselbstständigkeit: Ein Risiko für Arbeitgeber

Der Fall der DFB-Schiedsrichter zeigt, wie schnell eine vermeintliche Selbstständigkeit zum Arbeitsverhältnis wird. Arbeitgeber laufen Gefahr, plötzlich mit Urlaubsansprüchen, Sozialabgaben und Kündigungsschutz konfrontiert zu sein.


Historische Unterscheidung: Arbeiter vs. Angestellte

Früher unterschied man strikt zwischen Arbeitern (körperliche Arbeit) und Angestellten (Büroarbeit). Diese Trennung verliert jedoch zunehmend an Bedeutung. Heute gilt: Arbeitnehmer ist, wer weisungsgebunden und abhängig tätig ist – unabhängig von der Art der Tätigkeit.


Fazit: gelebte Praxis entscheidet

Ob im Profifußball, in der Musikschule oder bei Online-Plattformen:

  • Die gelebte Zusammenarbeit ist entscheidend.

  • Scheinselbstständigkeit bleibt ein großes Risiko.

  • Arbeitgeber sollten Verträge regelmäßig prüfen lassen, um böse Überraschungen zu vermeiden.


👉 Unser Tipp: Wenn Sie unsicher sind, ob ein Arbeitsverhältnis oder eine selbstständige Tätigkeit vorliegt, beraten wir Sie umfassend. So vermeiden Sie hohe Nachzahlungen und Rechtsstreitigkeiten.

Haben Sie ein rechtliches Problem oder eine Frage? Sprechen Sie uns an!

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