Kaffeetrinker aufgepasst: Wann ist Verschlucken ein Arbeitsunfall und wann nicht?
Kaffeepause mit Folgen: Gericht erkennt Arbeitsunfall an!
Ein Mitarbeiter verschluckt sich während einer Teambesprechung an seinem Kaffee. Er verliert das Bewusstsein, stürzt – und erleidet schwere Verletzungen. Doch war das ein Arbeitsunfall?
Kaffee, Husten, Sturz: Was genau ist passiert?
Der Mitarbeiter war auf einer Baustelle. Während der morgendlichen Besprechung zum Tagesablauf trank er Kaffee. Er verschluckte sich, wollte den Container verlassen, um zu husten – und fiel dabei auf ein Metallgitter. Die Folge: Nasenbeinbruch, Schmerzen, ArbeitsunfähigkeitDer Begriff „Arbeitsunfähigkeit“ findet immer dann Anwendung, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund einer Erkrankung seine bis dato ausgeführte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter Verschlimmerung seines Gesundheitszustandes ausführen kann. Mehr.
Die Versicherung mauert: Kein Arbeitsunfall?
Die gesetzliche Unfallversicherung lehnte die Anerkennung ab. Ihre Begründung: Das Kaffeetrinken sei eine private Tätigkeit – nichts, was zum Job gehöre. Auch ein „Mischfall“ zwischen Arbeit und Privatem liege nicht vor. Der Mann klagte.
Erstes Urteil: Kaffee ist Privatsache
Das Sozialgericht Magdeburg sah es wie die Versicherung. Kaffee trinken sei privat. Auch wenn es bei der Arbeit passiert – es gehöre nicht zur versicherten Tätigkeit. Die Besprechung sei eine Sache, das Trinken eine andere.
Der Vorarbeiter gibt nicht auf
Der Kläger argumentierte: Ohne Besprechung kein Kaffee. Die beiden Vorgänge seien nicht trennbar. Außerdem stelle der Arbeitgeber selbst Kaffee bereit – ein Zeichen dafür, dass es zur Arbeit dazugehöre.
Zeugen bestätigen: Kaffee gehört zur Baustellenkultur
Mehrere Kollegen sagten aus: Die Besprechung finde regelmäßig mit Kaffee statt – oft vom Arbeitgeber bereitgestellt. Der erste Kollege am Container koche für alle Kaffee. Ein eingespieltes Ritual.
Jetzt wird’s spannend: Das Urteil des Landessozialgerichts
Das LSG Sachsen-Anhalt kippte das erste Urteil. Der Sturz war ein Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB VII.
Warum?
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Der Vorfall passierte im Rahmen einer dienstlichen Besprechung.
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Das Verschlucken am Kaffee war ein äußeres Ereignis, das zum Unfall führte.
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Das Kaffeetrinken diente betrieblichen Zwecken – wie Konzentration, Gemeinschaft und Teamkultur.
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Der Arbeitgeber wusste davon – und förderte es sogar.
Kaffee ist (auch) Arbeit – zumindest in diesem Fall
Das Gericht stellte klar: Nicht jeder Schluck Kaffee ist privat. Wenn das Trinken Teil der Arbeitskultur ist – zum Beispiel bei morgendlichen Einsatzbesprechungen – und vom Arbeitgeber mitgetragen wird, ist es versichert.
Die „Handlungstendenz“ des Mitarbeiters zählte hier: Er war nicht in der Frühstückspause. Er war aktiv in der Teambesprechung. Das Kaffeetrinken war kein Bruch, sondern Teil der Arbeitsausübung.
Fazit: Kaffee mit Kollegen? Oft mehr als nur Genuss!
Dieses Urteil zeigt: Der Arbeitsplatz ist mehr als nur reines Arbeiten. Gewohnheiten, Rituale und betriebliche Gepflogenheiten spielen eine Rolle – auch bei der Frage, was ein Arbeitsunfall ist.
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Zuständige Rechtsanwälte
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Volker Görzel Fachanwalt für Arbeitsrecht
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Simone Schäfer Fachanwältin für Arbeitsrecht
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Peter Friemond Fachanwalt für Arbeitsrecht