Was Mitarbeiter jetzt wissen müssen!

Nach den Regeln des Schutzschirmverfahrens hat der angeschlagene Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof noch bis Ende Juni Zeit, einen Sanierungsplan für seine rund 170 Filialen vorzulegen. Nun verdichten sich die Anzeichen, dass dem Plan eine Vielzahl von Häusern – und damit Jobs – zum Opfer fallen dürften. In einem Schreiben vom Montag bereitet die Geschäftsführung die Mitarbeiter jedenfalls auf mögliche Fililalschließungen und Jobabbau vor.

Die wichtigsten Fragen für Arbeitnehmer des Konzerns beantworten wir hier in unserem Beitrag.

Was bis jetzt geschah: Schutzschirmverfahren seit dem 01. April 

Bereits zu Beginn der Coronakrise hatte der Konzern beschlossen, den Schritt in ein sogenanntes Schutzschirmverfahren zu gehen.

Bis Ende Juni hat der Karstadt-Kaufhof Konzern nun Zeit dem Amtsgericht Essen, den Gläubigern und den Mitarbeitern einen Sanierungsplan vorzulegen. Schon jetzt ist klar, dass die Sanierung „noch entschlossener ausfallen“ muss, was Standortschließungen und einen weiteren Stellenabbau zur Folge hätte.

Auswirkung des Schutzschirmverfahrens: Standortschließungen und Stellenabbau

Laut Mitarbeiterbrief müsse man damit rechnen, dass aufgrund der Coronapandemie und der damit erlittenen Umsatzeinbußen, die das Unternehmen selbst auf eine halbe Milliarde Euro schätzt, weitere Standorte schließen. Eine Angabe über die Zahl der zu schließenden Filialen oder abzubauenden Stellen, machte der Konzern selbst nicht. Der Betriebsrat schätzt, dass es sich um rund 60 der noch verbliebenen 170 Standorte handeln könnte.

Der erst im Dezember 2019 geschlossene Tarifvertrag sah eigentlich vor bis zum Jahre 2024 keine der verbliebenen Filialen zu schließen. Durch die Coronakrise und den Weg ins Schutzschirmverfahren wird sich dies nun ändern.

Mit einem ersten Entwurf des Sanierungskonzepts sei nach dem aktuellen Stand der Dinge zwar nicht vor Ende der laufenden Woche zu rechnen. Aktuell werden die einzelnen Standorte analysiert und auf ihre Wirtschaftlichkeit überprüft. Wie viele Häuser tatsächlich schließen, hängt auch vom Entgegenkommen der Vermieter ab, da der Konzern die Mieten drücken will.

Zunächst wäre der Betriebsrat am Zuge

Sollte der Konzern Gewissheit darüber haben, wie viele Filialen zu schließen sind, so wäre zunächst der Betriebsrat am Zuge.
Im Rahmen der geplanten Umstrukturierung muss der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat in Verhandlungen über Sozialplan und Interessenausgleich eintreten. Vorher dürfen keine Kündigungen ausgesprochen werden.

In einem Sozialplan wird geregelt, wie die nachteiligen wirtschaftlichen Folgen einer Betriebsänderung für die betroffenen Mitarbeiter gemildert werden können. Der wichtigste Bestandteil ist dabei regelmäßig die Zahlung einer Abfindung zum Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile. Ein geschlossener Sozialplan ist für die betroffenen Mitarbeiter verbindlich. Die Arbeitnehmer haben einen einklagbaren Anspruch auf die festgelegte Abfindung. Es ist aber ferner möglich, beispielsweise im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens eine höhere Abfindung zu erstreiten.

Auch bei geplanten Versetzungen und Kündigungen muss der Arbeitgeber den Betriebsrat beteiligen.

Außerdem sind die Erstattung einer sog. Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit sowie spezielle Informationspflichten gegenüber dem Betriebsrat gesetzlich vorgeschrieben, wenn der Arbeitgeber –wovon auszugehen ist- innerhalb von 30 Kalendertagen mindestens 30 Arbeitnehmer entlässt.

Kann der Arbeitgeber mich an einen anderen Standort versetzen oder mir sogar kündigen?

Die Frage, ob eine Versetzung vom sog. Weisungsrecht des Arbeitgebers gedeckt ist, bestimmt sich grundsätzlich nach den arbeitsvertraglichen oder tarifvertraglichen Bestimmungen. Möglicherweise ist das auch in einer Betriebsvereinbarung geregelt.

Ist im Arbeitsvertrag ein bestimmter Arbeitsort vereinbart und liegt ferner keine wirksame Versetzungsklausel vor, kann der Arbeitgeber nicht von Ihnen verlangen, dass Sie Ihre Arbeitsleistung an einem anderen Ort erbringen sollen.

Darüber hinaus sind Versetzungen und Kündigungen stets mitbestimmungspflichtige Maßnahmen, bei denen der Arbeitgeber zwingend den Betriebsrat beteiligen muss.

Was können Sie tun, wenn Sie eine Kündigung oder Änderungskündigung bekommen?

Wenn Sie eine Kündigung erhalten sollten, müssen Sie innerhalb einer Frist von 3 Wochen beim Arbeitsgericht eine Kündigungsschutzklage einreichen, anderenfalls gilt die Kündigung als wirksam. Im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens wird geprüft, ob die Kündigung unwirksam ist. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die Kündigung sozial ungerechtfertigt ist, Ihr Arbeitgeber Fehler bei der Sozialauswahl gemacht hat, der Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung nicht ordnungsgemäß angehört wurde, keine ordnungsgemäße Massenentlassungsanzeige erstattet wurde oder die Kündigung unzulässiger Weise wegen eines Betriebsüberganges erfolgt ist.

Sofern eine Versetzung nicht vom Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt ist, kann der Arbeitgeber eine sog. Änderungskündigung aussprechen. Eine Änderungskündigung besteht aus einer Kündigung verbunden mit dem Angebot auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen. Dieses Angebot kann der Arbeitnehmer vorbehaltlos annehmen, ablehnen oder eine Annahme unter dem Vorbehalt erklären, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial gerechtfertigt ist. Wichtig ist, dass die Änderungskündigung formal eine echte Kündigung darstellt, so dass für eine Kündigungsschutzklage bzw. eine Änderungsschutzklage ebenfalls die oben genannte 3-Wochen-Frist gilt.

Sollten Sie eine Kündigung oder Änderungskündigung erhalten, sollten Sie diese umgehend anwaltlich prüfen und sich umfassend über Ihre Möglichkeiten beraten lassen.

Was tun bei Aufhebungsverträgen oder Änderungsverträgen?

Sollte Ihr Arbeitgeber Ihnen nicht kündigen, sondern einen Aufhebungs- oder Änderungsvertrag anbieten, ist besondere Vorsicht geboten. Wenn Sie einen solchen Vertrag einmal unterschrieben haben, gibt es keine Möglichkeit mehr, hiergegen vorzugehen.

Bei dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages ist ferner zu berücksichtigen, dass die Agentur für Arbeit in diesen Fällen regelmäßig eine Sperrzeit von 12 Wochen verhängt, in der kein Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht. Wir empfehlen Ihnen dringend, sich vor dem Abschluss eines Aufhebungs- oder Änderungsvertrages anwaltlich beraten zu lassen.

Zögern Sie nicht uns anzusprechen!

Vereinbaren Sie einen Beratungstermin mit einem Rechtsanwalt aus unserem erfahrenen Arbeitsrechtsteam rund um Fachanwalt für Arbeitsrecht Volker Görzel


Beitrag teilen