Was Arbeitgeber und Arbeitnehmer jetzt wissen müssen

Angesichts der am Dienstag gemeldeten neuen Fälle in Nordrhein-Westfalen (NRW) und Baden-Württemberg bereiten sich die Behörden auf eine mögliche weitere Zunahme der Infektionen mit dem Coronavirus in Deutschland  vor. Auch am Arbeitsplatz steigt das Risiko sich zu infizieren. Was Arbeitgeber wie Arbeitnehmer jetzt wissen müssen.

1. Darf ich aus Angst vor einer Ansteckung zuhause bleiben?

Die Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus befreit grundsätzlich nicht von der Pflicht zur Arbeitsleistung. Arbeitnehmern stehen keine generellen Leistungsverweigerungsrechte zu, weil sich die Wahrscheinlichkeit erhöht, während der Arbeit an dem Virus zu erkranken. Erscheint ein Mitarbeiter aus Furcht vor Ansteckung nicht zur Arbeit, so rechtfertigt dies grundsätzlich eine Abmahnung und im Wiederholungsfall sogar eine verhaltensbedingte Kündigung.

Arbeitnehmer bleiben also verpflichtet die ihnen übertragenen Aufgaben zu erfüllen sowie den Anordnungen der Vorgesetzten Folge zu leisten.

Andererseits darf der Arbeitgeber in Verdachtsfällen einzelne Arbeitnehmer von ihrer Arbeitspflicht entbinden.

2. Was kann ich als Arbeitgeber tun, um das Infektionsrisiko gering zu halten bzw. darf der Arbeitgeber Schutzmaßnahmen anordnen, um  das Ansteckungsrisiko einzudämmen?

Als Arbeitgeber sollten sie ihre Beschäftigten über bestehende Gesundheitsrisiken sowie entsprechende Präventionsmaßnahmen informieren. Zudem kann der Arbeitgeber dazu verpflichtet sein, bestimmte Schutzkleidung (z.B. Mundschutz) zur Verfügung zu stellen. Ähnliches gilt auch für das Bereitstellen von Desinfektionsmitteln, vor allen Dingen in den Sanitäranlagen und an allen Zugängen des Betriebs.

Der Arbeitgeber darf zu Schutzzwecken Maßnahmen gegen die Verbreitung des Virus ergreifen. Diese müssen aber noch von seinem Direktionsrecht gedeckt sein.

Gibt es einen Betriebsrat, so ist bei solchen Maßnahmen das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG zu berücksichtigen, da das sogenannte Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer betroffen ist. Seine Grenzen findet das Direktionsrecht des Arbeitgebers aber dann, wenn zur Vermeidung einer Infektion massiv in das grundrechtlich geschützte Persönlichkeitsrecht oder in das Recht auf körperliche Unversehrtheit des Arbeitnehmers eingegriffen wird. Insbesondere wird der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer nicht verpflichten können, sich impfen zu lassen, sobald ein Impfstoff erhältlich ist.  Selbst einer Anordnung des Arbeitgebers, sich ärztlich untersuchen zu lassen, wird der Arbeitnehmer in der Regel nicht nachkommen müssen.

3. Muss ich bei einer Ansteckung mit dem Coronavirus den Arbeitgeber informieren?

Arbeitnehmer sind grundsätzlich nicht verpflichtet, dem Arbeitgeber die Art einer Erkrankung mitzuteilen. Auch im Falle einer Erkrankung an Coronavirus genügt es, wenn der Arbeitnehmer erklärt, dass er arbeitsunfähig erkrankt ist und ab dem dritten Krankheitstag seinem Arbeitgeber ein ärztliches Attest vorlegt.

Da es sich bei dem Coronavirus aber um eine hochansteckende und gefährliche Krankheit handelt, wird man aus der allgemeinen arbeitsrechtlichen Treuepflicht herleiten können, dass Arbeitnehmer ausnahmsweise die Art ihrer Erkrankung mitteilen sollten oder sogar müssen, damit der Arbeitgeber entsprechende Schutzmaßnahmen gegen eine Verbreitung des Virus ergreifen kann. Unternehmen sollten daher frühzeitig Regelungen treffen, die diesen und andere Punkte regeln, etwa in Form von gesonderten Betriebsvereinbarungen zu Infektionskrankheiten.

4. Was sollte ich als Arbeitgeber beachten, wenn ein konkreter Verdacht oder gar ein bestätigter Fall einer Coronavirus-Infektion in meinem Betrieb vorliegt?

In einem solchen Fall sollten sie eng mit dem Gesundheitsamt zusammenarbeiten. Zudem trifft den Arbeitgeber in einer solchen Situation eine gesteigerte Schutzpflicht gegenüber der restlichen Belegschaft und er hat wie oben bereits beschrieben Schutzmaßnahmen zu tätigen. Mitarbeiter die Symptome einer Infektion aufweisen, sollten von der Arbeitspflicht entbunden und nachhause geschickt werden.

5. Bekommen Mitarbeiter, die sich in Quarantäne befinden weiter Gehalt?

Bei bloßem Infektionsverdacht mit anschließendem, von Behörden angeordnetem Beschäftigungsverbot  bzw. Quarantäne haben Arbeitnehmer keinen Anspruch auf eine Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber. Es erhält nur Lohnfortzahlung, wer akut erkrankt und dadurch arbeitsunfähig ist.  Ansonsten gehen Arbeitnehmer aber nicht leer aus. Eine Entschädigungsleistung gibt es nach dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten (§ 56 Abs. 1 IfSG) durch den Staat. Diese richtet sich in der Höhe nach dem Krankengeldanspruchs aus und wird vom Arbeitgeber ausgezahlt, aber vom zuständigen Gesundheitsamt erstattet. Auch Selbständige müssen in Quarantäne nicht auf Einkommen verzichten.

6. Kann mein Arbeitgeber mich zu einer Dienstreise nach Asien zwingen?

Ist ein Arbeitnehmer vertraglich dazu verpflichtet, Dienstreisen zu unternehmen, so kann der Arbeitgeber – im Rahmen seines Weisungsrechts – grundsätzlich auch weiterhin eine Reise nach Asien anordnen. Seinem Weisungsrecht darf der Arbeitgeber jedoch nur nach billigem Ermessen nachkommen. Da das Auswärtige Amt und die WHO derzeit aber von „nicht notwendigen Reisen in das übrige Staatsgebiet der Volksrepublik China mit Ausnahme der Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macao“ abraten, wird vor diesem Hintergrund eine Reise in die genannten Gebiete nicht mehr dem billigem Ermessen entsprechen und der Arbeitnehmer kann den Antritt der Dienstreise verweigern.


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